Analyse des nationalen Status Quo abgeschlossen
In Zusammenarbeit mit den Akteuren der ReBUSk- Qualifikationsplattform wurde eine Analyse des Status Quo der nationalen Aus- und Weiterbildungslandschaft mit Fokus auf die Energie- und Klimaziele des österreichischen Gebäudesektors durchgeführt.
Die erarbeitete Studie beinhaltet die notwendigen Grundlagen, die im nächsten Schritt für die Entwicklung der nationalen Aus- und Weiterbildungs-Roadmap relevant sind. Sie beinhaltet Informationen zum aktuellen Stand der energiepolitischen und rechtlichen Rahmenbedingungen und zum Status Quo des österreichischen Gebäudesektors, die bestehenden Rahmenbedingungen in der Aus- und Weiterbildung sowie die Ergebnisse einer Evaluierung zur Umsetzung der nationalen Roadmap bis 2020. Darüber hinaus wurden Kompetenzlücken und Qualifikationsdefizite sowie mögliche Barrieren und Chancen, die im Zusammenhang mit der Qualifikation von Fachkräften im Gebäudesektor stehen und die Erreichung der Energie- und Klimaziele in diesem Bereich fördern oder behindern könnten, untersucht.
Die in der Status-Quo-Analyse dargestellten bestehenden Rahmenbedingungen, sowie die identifizierten Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken, bilden nun die Grundlage für die Entwicklung zielgerichteter Strategien und Maßnahmen im Bereich der Aus- und Weiterbildung für das Erreichen der Energie- und Klimaziele im österreichischen Gebäudesektor.
Fachkräfte im österreichischen Gebäudesektor
Im Rahmen der Status Quo Analyse wurden in Österreich mehr als 70 Berufsprofile identifiziert, die in direktem Bezug zur Planung, Errichtung oder dem Betrieb von Gebäuden stehen und als relevant für das Erreichen der Energie- und Klimaziele im Gebäudesektor eingestuft werden. Der Gebäudesektor und insbesondere die Branche „Bau“ wird dabei von kleinen Betrieben dominiert (rund die Hälfte der Beschäftigten ist hier in Betrieben mit weniger als 50 Beschäftigten tätig). Im Jahr 2022 waren rund 305.000 nicht selbständig beschäftigte Personen im Baubereich tätig. Die meisten davon werden den Branchen Bau von Gebäuden, Elektroinstallation, Gas-, Wasser-, Heizungs- und Lüftungs- und Klimaanlageninstallation, Dachdeckerei und Zimmerei, Bau von Straßen sowie Malerei und Glaserei zugeordnet. In Bezug auf Bildungsabschlüsse dominiert in der Baubranche der Lehrabschluss, den 57 % der Beschäftigten nachweisen können. 16 % verfügen über einen Pflichtschulabschluss. Den Abschluss einer höheren beziehungsweise mittleren Schule haben 14 % beziehungsweise 8 % der Beschäftigten. 5 % verfügen über einen tertiären Abschluss. Frauen sind in der Baubranche stark unterrepräsentiert, lediglich 13 % der Beschäftigten sind weiblich.
Energie- und Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor
Der Gebäudesektor ist in Österreich für knapp ein Drittel des energetischen Endverbrauchs und für circa 17% der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Nach dem Verkehr ist er somit der zweitmeist emittierende Sektor. Private Haushalte verursachen einen hohen Anteil des Energieverbrauchs im Gebäudesektor. Mehr als ein Drittel der österreichischen Haushalte heizt derzeit noch primär mit fossilen Brennstoffen, wobei vor allem Öl- und Gasheizungen zum Einsatz kommen. Dank der Bemühungen, die Energieeffizienz von Gebäuden zu verbessern, die Renovierungsaktivitäten zu steigern und die Energieversorgung von fossilen auf erneuerbare Energien umzustellen, sind die Emissionen 2022 im Gebäudesektor im Vergleich zu 1990 um 36 % gesunken. Zunehmende Pro-Kopf-Wohnnutzflächen, wachsende Komfortbedürfnisse und der damit verbundene erhöhte Heiz-Energieverbrauch wirken den Erfolgen, die in anderen Bereichen – etwa bei der Verbesserung von Gebäudehüllen und Verwendung moderner Heiztechnik – erreicht werden jedoch entgegen. Dies führte in den vergangenen Jahren zu einer Stabilisierung, nicht aber zur angestrebten weiteren Senkung des Emissionsniveaus.
Österreichische Energie- und Klimaziele
Österreich beabsichtigt, Klimaneutralität im Jahr 2040 zu erreichen. Den rechtlichen Rahmen bildet das 2011 beschlossene und 2017 novellierte österreichische Klimaschutzgesetz (KSG). Das Regierungsprogramm 2020 bis 2024 sieht die Überarbeitung des KSGs vor, um den Pfad in Richtung Klimaneutralität 2040 festzulegen und die verschärften Ziele auf EU-Ebene national umzusetzen. Ein entsprechender Gesetzentwurf ist derzeit noch in Bearbeitung (Stand Mai 2023). Der österreichische Nationale Energie- und Klimaplan NEKP (derzeit in Überarbeitung) sieht im Gebäudesektor ein großes Minderungspotenzial für Treibhausgasemissionen durch thermische Sanierung, den Verzicht auf fossile Energieträger im Neubau, sowie durch die Umstellung auf erneuerbare Energieträger und hocheffiziente Fernwärme im Gebäudebestand. Die rasche und starke Erhöhung der Sanierungsrate, insbesondere die Steigerung der Rate an umfassenden thermisch-energetischen Sanierungen, spielt für das Erreichen der Energie- und Klimaziele eine zentrale Rolle.
Fachkräfte- und Qualifizierungsbedarf
In der Baubranche herrscht, wie auch in anderen Branchen, in Österreich derzeit ein Fachkräftemangel. 2022 wurde der Fachkräftebedarf österreichweit für alle Branchen auf rund 272.000 Personen geschätzt. Zu den besonders betroffenen Berufsgruppen gehören Handwerksberufe allgemein, aber auch Berufe im Bereich Elektronik und Elektrotechnik, sowie Installations- und Gebäudetechnik. Ende Oktober 2022 waren österreichweit im Bau 8.595 sofort verfügbare offene Stellen beim AMS gemeldet. Engpässe an qualifizierten Fachkräften werden unter anderem bei der Planung und Ausführung von Photovoltaikanlagen gesehen. Eine massive zusätzliche Verschärfung des bereits bestehenden Fachkräftemangels ist aber vor allem auch durch die Erhöhung der Sanierungsrate im energiepolitisch erforderlichen Ausmaß zu erwarten. Dabei kann es abhängig von Entwicklungen im Neubausektor und anderen Sparten der Bauwirtschaft zu Verlagerungen der Wirtschaftstätigkeit von Unternehmen kommen. Für diesen Bereich wird daher sowohl in der Aus- als auch in der Weiterbildung für alle NQR-Levels ein besonders hoher Qualifizierungsbedarf gesehen. Die Kompetenzvermittlung zur Durchführung von umfassenden Gebäudesanierungen sowie zur Dekarbonisierung der Energieversorgung im Gebäudebestand ist in den meisten Bildungssektoren bisher jedoch nur teilweise verankert.
Auch Fähigkeiten und Kompetenzen im Zusammenhang mit der Steigerung von Kreislauffähigkeit und Ressourceneffizienz werden bisher noch zu wenig abgebildet. Die Vermittlung von Kompetenzen zur Steigerung der Energieeffizienz und Nutzung erneuerbarer Energien im Gebäudesektor, sowie zur Betrachtung und Optimierung von Treibhausgasemissionen durch die Bewertung des Treibhauspotenzials ist über alle Bildungssektoren insgesamt bereits gut in Lehrplänen und Curricula verankert oder durch bestehende Weiterbildungsangebote abgedeckt.
Entwicklungspotential besteht hier jedoch durch einen stärkeren Fokus auf den Gebäudelebenszyklus und lebenszyklische Betrachtungen. Ein wichtiger Ansatzpunkt im Zusammenhang mit qualifizierten Fachkräften für das Erreichen der Energie- und Klimaziele im Gebäudesektor wird bei der Aus- und Weiterbildungsbeteiligung und dem gezielten Adressieren verschiedener Zielgruppen mit Aus- und Weiterbildungsangeboten gesehen.
Folgende Links führt Sie zum Download der Studie „BUILD UP Skills – Österreich, Analyse zum nationalen Status Quo“.